Die traditionsreichen Zürcher Kinos Uto und Alba vor dem Aus

Eine Arthouse-Gruppe in Zürich gibt Alba und Uto auf. Dies dürfte das Ende dieser traditionellen Vorführorte bedeuten – und fast ein Jahrhundert Filmkultur wird begraben werden.

Uto prägt seit fast einem Jahrhundert die Filmlandschaft Zürichs.

Uto prägt seit fast einem Jahrhundert die Filmlandschaft Zürichs.

Christian Beitler / Keystone

Kino in seiner klassischen Form liegt nicht auf dem Bett eines Toten, sondern auf jeden Fall auf dem Bett eines Kranken. An diese Diagnose erinnert sich jeder schmerzlich, der sieht, wie die Leinwand hier und da verschwindet. Und nun in Zürich zwei der charakteristischsten Säle, die als Teil der Arthouse Commercio Movie AG die gute alte Zeit des Studiokinos symbolisieren: Sie verzichten auf die sechzigjährige Alba, ebenso wie auf Uto, der bald einer sein wird hundert.

Der Abspann folgt Ende dieses Jahres in Alba bei Central und Ende März 2024 in Uto an der Kalkbreite. Etwa fünfzig Jahre wird der auslaufende Pachtvertrag in Alba nicht mehr verlängert. Ein von außen leicht übersehener Ort hat seinen Reiz verloren – schon vor Corona wurde dieses Nischenangebot oft mit mehreren Nasen geteilt. Und so schön wie der Saal: Das Foyer ist kaum größer als eine Walnussschale, für bauliche Veränderungen bleibt wenig Platz, und bald stehen kostspielige Reparaturen an.

Kino, eine neue Definition

Beim Uto, wenn auch nicht gerade als Filmszene-Hotspot bekannt, ist das etwas anders: Im Frühjahr 2024 wird die Einrichtung saniert, und die Arthouse-Gruppe hat sich für die anschließende Wiedereröffnung des Kinos beworben (laut Berichten, per Bar aktualisiert). „Allerdings hat sich der Eigentümer gegen den Standort des Kinos ausgesprochen, was wir zutiefst bedauern“, teilte der Konzern am Mittwoch in einer Mitteilung mit.

Eine stilisierte Grimasse ist eines von Utos Symbolen.

Eine stilisierte Grimasse ist eines von Utos Symbolen.

Kunsthaus

Das Foyer des Kinos „Uto“ gleicht entfernt einem Kiosk.

Das Foyer des Kinos „Uto“ gleicht entfernt einem Kiosk.

Kunsthaus

Die stilisierte Grimasse ist eine der Visitenkarten von Uto, dessen Foyer einem Kiosk gleicht.

Kunsthaus

Das Bekanntwerden der Insolvenz des Kulturhaus Kosmos erst gegen Ende der Antragsfrist dürfte die Entscheidung der PK Rück als Eigentümerin beeinflusst haben. Die Arthouse-Gruppe selbst betont, dass sie weiterhin an die Kraft des Kinos glaubt und sich mit den getroffenen Maßnahmen auf ihre Zukunft vorbereitet. Sie weist auch auf den holprigen Start der Branche hin, als die Besucherzahlen im Land im Jahr 2022 um fast ein Drittel zurückgingen und der Arthouse-Sektor mit einem Rückgang von fast 45 Prozent überproportional davon betroffen war.

Und da davon auszugehen ist, dass die Pandemie das Verhalten der Zuschauer für immer verändert hat, soll Kinobesuch „neu definiert“ werden. Der Film auf der großen Leinwand bleibt im Mittelpunkt, aber noch wichtiger ist das Vorher und Nachher, zu dem auch der Kinobesuch gehört. Es ist wohl kein Zufall, dass sich die Gruppe nun von zwei Sälen trennt, die keine eigene Gastronomie im Haus oder in der Nachbarschaft haben, wie ihr Movie („Philosopher“, „Mère Catherine“) oder Commercio.

Eine Alba mit 232 Sitzplätzen in einem goldenen Kleid und blutrotem Plüsch sieht aus wie eine Schmuckschatulle für Filmkunst. Dem Publikum scheint es, als befänden sie sich in einer Hülle, aus der die Werke fast wie Botticellis Venus zum Vorschein kommen. Ursprünglich war es jedoch eine Bühnenlocation: Der Zürcher Architekt Giovanni Zamboni eröffnete das trapezförmige Haus 1951 als Hotel mit angeschlossenem Varieté (oder umgekehrt), das Boulevard-Aufführungen und andere leichte Mahlzeiten anbot. So tolle Leute wie Annemarie Blanc, Heinz Rühmann traten hier sogar auf und übernachteten im Haus.

Das nicht subventionierte Theatergeschäft war jedoch Mangelware, und die Halle wurde bald in ein profitableres Kino umgewandelt, das im November 1958 mit Blake Edwards Komödie It’s a Happy Feeling eröffnet wurde. Als die Arthouse-Gruppe gut vierzig Jahre später hierher zog, wurde in einem aufwändigen denkmalpflegerischen Verfahren saniert und die vorhandene Goldtapete ersetzt.

Von außen ist dieses Kino mit seinem bescheidenen Eingang leicht zu übersehen.

Von außen ist dieses Kino mit seinem bescheidenen Eingang leicht zu übersehen.

Kunsthaus

Das Alba Cinema erstrahlt in seiner ganzen Pracht, wenn die Wandbeleuchtung eingeschaltet ist.

Das Alba Cinema erstrahlt in seiner ganzen Pracht, wenn die Wandbeleuchtung eingeschaltet ist.

Kunsthaus

Ein ebenso außergewöhnliches Kino ist das 1926 erbaute Uto auf Kalkbreit. Es ist das einzige Kino der Stadt, das direkten Toilettenzugang und für Kinozwecke einen funktionierenden 35-mm-Projektor bietet. Er hat zwar etwas weniger Sitzplätze als der Alba, macht dies aber durch eine große Kabinenhöhe wett. Art-déco-Elemente, antike Schaufenster und eine steinerne Fratze an der Fassade sind erhalten geblieben. Dieses Kino ist ein Kind der Roaring Twenties, so alt, dass es die Anfänge der Zürcher Kinos darstellt.

Der Architekt Fritz Fischer konzipierte Uto als preiswerte Unterhaltung für die Bewohner der umliegenden Arbeiterviertel: Die Galerie bot billige Stehplätze, ähnlich wie später ein Fußballstadion, und zeigte bald lokale Filme. Nach diversen Besitzerwechseln wurde es 1968 zum Studio Uto, dessen neuer Besitzer Georg Derungs jahrzehntelang anspruchsvoller programmierte. 2013 übernahm eine Arthouse-Gruppe das Haus, installierte eine große Leinwand und ein neues Soundsystem und renovierte es behutsam.

Was jetzt?

Sowohl Alba als auch Uto bieten einen aus der Zeit gefallenen Saal mit einer Atmosphäre, die Sie auf ein nostalgisches Filmerlebnis einstimmen lässt. Beide stehen seit 2019 auf der Liste der schützenswerten Gebäude, und beiden droht nun ein ähnliches Schicksal wie dem vor 101 Jahren eröffneten Seefelder Kino: Das 1989 geschlossene Razzia ist heute ein schickes Restaurant mit wechselndem Konzept . und so viele Erfolge. Und auf dem Gelände des ehemaligen Programmkinos Nord-Süd in der Altstadt werden seit 2019 Pizza und Pasta gebacken.

Einige von denen, die jetzt Krokodilstränen über den Abschied von Uto und Alba vergießen, haben in den letzten fünf Jahren vielleicht wenig oder gar nichts getan, um sie auf der heimischen Couch zu halten. In beiden Fällen ist nicht klar, wer oder was eintreten wird. Laut Reginaknöngel, Vorstandsvorsitzender der PK Rück, soll der Uto-Saal auch nach der Sanierung des Heims erhalten bleiben und von einem „Kulturvermieter“ mit „Nachbarschaftskonzept“ genutzt werden. Mehr kann man im Moment nicht sagen.

Eric Fassbind, Besitzerfamilie des Hauses Alba, der darin heute das ehemalige Hotel du Théâtre unter dem Namen „Swiss Chocolate by Fassbind“ führt, bedauert auf Nachfrage den Abgang der Arthouse-Gruppe . Aber er konnte ihr keine besseren Bedingungen bieten. Inzwischen hat er sich an andere Theaterbetreiber gewandt, die alle eine Übernahme ausschlossen. Damit sind Albas Tage als Kino wohl gezählt, der Platz könnte zum Frühstücksraum für Hotelgäste werden. Gespräche mit den Denkmälern sollten in den nächsten Tagen eventuelle Zustände aufklären, aber soweit er weiß, wirken sie sich nur geringfügig auf die Halle aus.

Hotel Am Central mit dem Alba-Kino (um die Ecke) auf einem Foto von 1964.

Hotel Am Central mit dem Alba-Kino (um die Ecke) auf einem Foto von 1964.

Schlussstein

Alba feiert die alte Kultur des Kinos.

Alba feiert die alte Kultur des Kinos.

Archiv zur Architekturgeschichte der Stadt Zürich

Hotel Am Central mit dem Alba-Kino (um die Ecke) auf einem Foto von 1964.

SchlüsselsteinArchiv zur Architekturgeschichte der Stadt Zürich

Die Arthouse Commercio Movie AG, die sich seit drei Jahren im Miteigentum der jungen Vertriebs- und Produktionsfirma DCM befindet, könnte sich bald an einem schickeren Standort niederlassen. Laut Co-Geschäftsführerin Stephanie Kandinas bestand zumindest Interesse an einer Übernahme von Kosmos, obwohl der Konzern das Film- und Gastronomiegeschäft aus einer Hand führen sollte.

Wer den Zuschlag erhält, entscheidet die SBB als Eigentümerin. Dies versucht die erfahrene Tochtergesellschaft von Swisscom Blue Cinema (ehemals Kitag) Medienberichten zufolge auch in Partnerschaft mit Candrian Catering, das tief in der Gastronomie verwurzelt ist. Unter anderem wurden im Zürcher Hauptbahnhof verschiedene Filialen der internationalen Burgerkette installiert. Aber man muss nicht immer das Schlimmste befürchten.

1968 bekam das Kino Uto neue Besitzer.

1968 bekam das Kino Uto neue Besitzer.

Fotodruck/Keystone

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